Über Fatigue

Du brauchst eine Viertelstunde, um die Treppe hochzugehen, und musst dich nach jeder Stufe ausruhen. Kleine Aufgaben fühlen sich wie eine enorme Herausforderung an. Das ist die Realität von Erschöpfung bei Krebs – ein Gefühl völliger Ausgelaugtheit, das dein Leben erheblich beeinflusst.

Erschöpfung ist die häufigste Nebenwirkung von Krebs und den damit verbundenen Behandlungen. Häufiger als zum Beispiel Übelkeit, Schmerz, Angstgefühle und Depression. Achtzig bis neunzig Prozent der Menschen sind im ersten Jahr der Behandlung davon betroffen. Diese Erschöpfung tritt nicht nur während der Behandlung auf, sondern auch danach und kann Monate bis Jahre anhalten. Fünfunddreißig Prozent der Betroffenen leiden langfristig darunter. In Deutschland betrifft dies etwa 22.000 Menschen, die aufgrund von Brustkrebs an anhaltender Erschöpfung leiden. Du bist also nicht allein.

Wie erschöpft fühlst du dich?
Vielleicht fühlst du dich erschöpft, ohne dass es einen klaren Grund gibt. Es überkommt dich, ohne Vorwarnung. Brustkrebspatientinnen, die an Erschöpfung leiden, beschreiben sie als lähmende Müdigkeit, die trotz ausreichend Ruhe oder Schlaf nicht verschwindet.

Erschöpfung trübt alles. Körperlich kannst du weniger tun, deine Denkleistung ist eingeschränkter, emotional kannst du weniger bewältigen, und du vermeidest soziale Kontakte. Du bist nicht mehr die Person, die du einmal warst, und das kann Unsicherheit hervorrufen. Was es noch schwieriger macht, ist, dass Erschöpfung unsichtbar ist – du siehst immer noch gut aus. Das Problem ist, dass manche Menschen denken, du würdest nur so tun, als ob, während du täglich das Unmögliche versuchst. Eines ist sicher: Du bist kein Schauspieler. Sie sollten wissen, wie hart du jeden Tag kämpfst.

Krebsfatigue oder Depression?
Viele Betroffene fragen sich: Bin ich einfach erschöpft oder steckt mehr dahinter? Die Symptome von Krebsfatigue und Depression können sich überschneiden, sind aber nicht dasselbe. Beide können während oder nach einer Brustkrebsbehandlung auftreten und das Leben stark beeinträchtigen.

Um besser zu verstehen, worum es sich bei den eigenen Beschwerden handelt, hilft eine Gegenüberstellung typischer Merkmale. Die folgende Tabelle1 zeigt wichtige Unterschiede. Von der Art der Erschöpfung bis zur emotionalen Verfassung.

Wichtig: Diese Übersicht ersetzt keine ärztliche Diagnose, kann aber ein erster Schritt sein, um das eigene Befinden besser einzuordnen und mit dem Behandlungsteam ins Gespräch zu kommen. Eine ärztliche oder psychoonkologische Abklärung kann helfen, die richtige Diagnose zu stellen, denn Fatigue und Depression können sich auch überlagern.

SymptombereichKrebsbedingte FatigueDepression
MüdigkeitsmusterAnhaltend, nicht durch Ruhe oder Schlaf behebbarHäufig mit Antriebslosigkeit oder Interessenverlust verbunden
StimmungMeist stabil, keine ausgeprägte depressive VerstimmungAnhaltende Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit
Interesse an AktivitätenInteresse oft vorhanden, trotz ErschöpfungDeutlich reduziertes Interesse oder Freude an fast allen Aktivitäten
SchlafNicht-erholsamer Schlaf, häufige UnterbrechungenSchlafstörungen oft mit frühem Erwachen oder Ein-/Durchschlafproblemen
SelbstwertgefühlIn der Regel intaktHäufig vermindert, mit Schuldgefühlen oder Wertlosigkeit
UrsacheDirekt mit Krebs oder Krebstherapie verbunden (z. B. Chemo, Bestrahlung)Nicht zwangsläufig körperlich bedingt

Du kannst etwas dagegen tun.
Erschöpfung bei Brustkrebs ist komplex, aber mit der richtigen Behandlung und Unterstützung kann ihre Auswirkung reduziert werden, sodass du wieder Energie und Balance in deinem Leben finden kannst. Das digitale therapeutische Programm von Untire bietet dir Aufklärung und Übungen, um Erschöpfung zu lindern und deine körperliche sowie mentale Energie zu verbessern. Es kombiniert verschiedene Ansätze wie körperliche Aktivität, Schlafmanagement, Entspannungsübungen und mentale Unterstützung.

1 Jacobsen PB, Donovan KA, Weitzner MA. Distinguishing fatigue and depression in patients with cancer. Semin Clin Neuropsychiatry. 2003;8(4):229-240.